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>>>> Scheitern PSOcoated_v3 und die ISO 12647-2:2013?

Am 30. September 2015 haben die Verbände die neue Drucknorm ISO 12647-2:2013 und die neuen ICC-Profile PSOcoated_v3 und PSOuncoated_v3 veröffentlicht.

Fast genau ein Jahr ist seitdem vergangen und es stellt sich heute die Frage, wie sich die neue Norm und die neuen Profile am Markt behaupten. Die Antwort ist wenig erfreulich: Die neuen Profile finden am Markt so gut wie keine Anwendung. Vielen Anwendern, vor allem Grafikdesignern, sind die neuen Profile weitestgehend unbekannt. Auch bei den Druckereien ist die Zurückhaltung - besser Ablehnung - groß, kaum eine informiert auf ihrer Webseite über die neue Norm, kaum eine, die die neuen Profile beim Kunden anfordert. Wo liegen die Gründe für die Zurückhaltung?

Wenig Akzeptanz bei Designern und Druckeren

Wir haben unsere Schulungskunden gefragt. Kaum einer hat etwas von der neuen Norm gelesen oder gehört. Viele arbeiten weiter mit ISOcoated_v2 oder v2_300 - viele sogar noch mit ISOcoated v1 und CoatedFogra27. Wir haben diverse Druckereien angerufen. PSOcoated_v3 spielt in der Deutschen Druckbranche momentan keine Rolle. Bei unserer Hausdruckerei, einer Druckerei mit 270 Mitarbeitern, sind erst 3 Auftrage mit PSOcoated_v3 eingegangen - zwei davon haben sich als Irrtum herausgestellt. Selbst Großkunden, z.B.. aus der Automobilbranche, sind, was PSOcoated_v3 angeht, noch zurückhaltend.

Nicht wenige hoffen, dass die neue Norm scheitert

Der Chef einer Druckerei aus Hannover, nicht ISO-Zertifiziert, spricht offen aus, was uns viele so gesagt haben: Er hofft, dass die neue Norm scheitert, sich am Markt nicht durchsetzt. Er sieht hohe Kosten durch die Umstellung, wenig Vorteile, einen hohen Beratungsaufwand beim Kunden. O-Ton: "Ich werde einen Teufel tun und meine Kunden auffordern, die neuen Profile einzusetzen. Wozu auch? Wir Drucken sehr gut nach der alten Norm, alle Kunden sind zufrieden. Ich müsste die komplette Messtechnik austauschen, dabei werden wir jedoch noch Jahre Daten nach der alten Norm bekommen. Ich hoffe daher, dass sich die neue Norm nicht durchsetzt."

www.proof.de: PSOcoated_v3 - Proof-Aufkommen bei nur 1,7%

Matthias Betz, Inhaber der Proof GmbH, http://www.proof.de, bietet bereits seit dem Bestehen der neuen Norm Proofs nach der neuen Norm an. Proofs nach PSOcoated_v3 haben laut seiner Aussage im umsatzstarken August nur einen Gesamtanteil von 1,7% am Gesamt-Auftragsaufkommen. Seine Aussage: "ISOcoated_v2 ist eine etablierte Marke, fast ein Weltstandard, den schaffst du nicht so schnell ab. Bogenoffset, Digitaldruck, sogar im Rollenoffset wird mit ISOcoated_v2 gearbeitet. Bis sich da was ändert, das kann dauern".

Auch technische Kritik bei den Profilen selbst

Viele Anwender aus Design und Vorstufe stehen den neuen Profilen auch aus anderen Gründen kritisch gegenüber. Die Softproof-Fähigkeit beider PSO-Profile ist umstritten, die Papierweißsimulation wird von vielen Anwendern als nicht akzeptabel wahrgenommen.

Vorerst gescheitert: Vergleich mit Pantone Goe drängt sich auf


Schaut man sich die Situation an, dann wird eine Ähnlichkeit mit dem gescheiterten Pantone-Goe-System deutlich. Pantone Goe sollte vor einigen Jahren das betagte Pantone-Matching-System ablösen. Neue Farben und neue Farbfächer wurden veröffentlicht und boten dem Anwender und dem Drucker viele Vorteile. Zunächst sollten beide Systeme parallel am Markt erhältlich sein, später dann das Matching-System vom Markt verschwinden. Einen festen Termin dafür gab es allerdings nicht.

Pantone hat seinerzeit die Werbetrommel für Goe eifrig gerührt. Genützt hat es nichts. Die Kunden - Designer und Agenturen – waren mit dem "alten" System nicht unzufrieden. Zudem hatten sie die Schubladen voll mit teuren Fächern für das Matching-System. Jetzt neue Fächer kaufen? Genauso die Druckereien. Im Farblager stapeln sich die Dosen mit Pantone-Matching-Farben, jetzt noch Pantone-Goe-Farben anschaffen und lagern? Viele Druckereien haben seinerzeit sogar Aufträge mit Goe-Farben abgelehnt und den Kunden aufgefordert, statt dessen eine Farbe aus dem Matching-System zu wählen - denn die hatte man ja am Lager. Die Folge: November 2013 wurde Pantone Goe vom Markt genommen.

Zu wenig Informationen und Marketing durch die Verbände?


De facto wissen viele Druckereikunden nichts über die Vorteile der neuen Norm. Es gibt auf der Webseite der Fogra ein paar PDFs zur neuen Norm, das war es. Keine kostenlose, gedruckte Infobroschüre mit Vergleichsdrucken, Vergleichs-Proofs, Infos, ect. In der Fachpresse wird so gut wie nichts über die neue Norm veröffentlicht. Es gibt keine "Image-Kampagne" mit Anzeigen, die dem Grafikdesigner die neue Norm schmackhaft macht. Ein professioneller Imagefilm zur neuen Norm auf Youtube - Fehlanzeige. Tatsächlich ist das Kapitel zur neuen Norm mit seinen Vergleichsdrucken und Infos im Cleverprinting-Handbuch 2016 die wohl umfassendste Publikation zu diesem Thema.

Bei den Vorgänger-Profilen ISOcoated_v2 und v2_300 war die Sache einfacher, denn hier waren die Druckereien und die Kunden gleichermaßen von den Profilen überzeugt. Dementsprechend war auf beiden Seiten das Interesse an den Profilen groß, daher haben sie sich schnell und erfolgreich durchgesetzt. Ein Marketing für diese Profile war daher nicht nötig. Bei PSOcoated_v3 könnte das anders sein.

Auch Adobe liefert die Creative Cloud 12 Monate nach dem Erscheinen der neuen Norm noch ohne die neuen Profile aus. Oder erwartet uns auch hier wieder ein Adobe-Eigenlaborat "CoatedFogra 51", womit dann noch ein Profil mehr am Markt wäre...

Scheitern PSocoated_v3 und die ISO 12647-2:2013?

Fakt ist: 12 Monate nach Veröffentlichung wissen viele Anwender - sprich Druckereikunden, Grafikdesigner, Agenturen - nichts über die neue Norm. Und selbst wenn, ein Druck, ein triftiger; zwingender Grund, auf die neue Norm umzusteigen, besteht nicht. Zumal viele Anwender Gigabyte an Daten in ISOcoated_v2 auf der Festplatte haben, die schon mal gedruckt wurden. Die alle umkonvertieren? Never change a running system!

Die Druckereien hingegen warten, dass die Anwender mit Daten nach der neuen Norm kommen, bevor sich ein Umstieg lohnt. Den Kunden aktiv dazu auffordern, tut keine. Der Beratungsaufwand ist hier extrem hoch, auch die Kosten für die Umstellung scheuen viele Druckereien.

Auf beiden Seiten passiert also nichts in Sachen neue Norm und PSOcoated_v3, das klassische Henne-Ei-Problem. Und wenn sich hier nichts ändert, dann wird das wohl auch erst einmal so bleiben. Zwar besteht für Druckereien, die sich PSO-Zertifizieren lassen wollen (oder müssen), ein gewisser Umstiegsdruck. Aber auch hier gibt es bereits Druckereien, die nach der neuen Norm zertifiziert sind - und nach der alten Norm drucken.

Man darf also gespannt sein, was aus der neuen Norm wird. Endet sie wie das Pantone-Goe-System und stirbt einen langsamen Tod? Setzt sie sich letztendlich in zwei bis drei Jahren doch noch durch? Oder werden wir in zwei bis drei Jahren einen undurchsichtigen Profil- und Normen-Mischmasch haben wo alles hin- und her-konvertiert werden muss? Dann hätte uns die neue Norm keinen Gefallen getan, denn ein Norm ist ja eigentlich dazu da, für Ordnung innerhalb eines Systems zu sorgen. Und nicht für Unordnung.

Christian Piskulla, Schulungsleiter und Herausgeber Cleverprinting.de

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